Samstag, 22. August 2015

Plagiat und Gewissen: der Fall Christian Mönter (Göttingen)

Anette Schavan, jene Ex-Bundesforschungsministerin, die wegen einer plagiierten Dissertation Titel und Amt verlor, hatte über Person und Gewissen. Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung promoviert. Nun ist mit dem z. Zt. an der Universität Hildesheim beschäftigten Christian Mönter der nächste Gewissensforscher entlarvt worden: Nach einem Bericht des Göttinger Tagblattes ist seine gar preisgekrönte Dissertation mit dem Titel Das Gewissen in politischen Kontexten: Politik des Gewissens als politische Ethik großflächig abgeschrieben. Zudem sind auch sein Lebenslauf und sein Magisterzeugnis gefälscht. Da stellt sich dem geübten Verschwörungstheoretiker natürlich die Frage: Haben Gewissensforscher selbst kein Gewissen? Aber das ist natürlich Unfug, denn wenn man nur weit genug zurückgeht, muß ja mal was Originales kommen. Die von besorgten Studenten aufgeworfene Frage, ob die von dem Delinquenten benoteten Hausarbeiten zählen oder nicht, ist mittlerweile von der Uni positiv beschieden worden. Allers andere dürfte auch  beträchtliche Härten mit sich bringen. Im 153. Rundbrief der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft werden Plagiatsfunde aus weiteren Veröffentlichungen des Delinquenten mittgeteilt.
Wie die böse Tat fortwirkt, zeigt eine kurze Internetrecherche: z. B. gibt es einen Researchgateaccount von Dr. Christian Mönter weiterhin ohne jeden Hinweis auf den Betrug. Eine Suche mit dem Karlsruher Virtuellen Katalog enthüllt, dass einige, aber keineswegs alle Bibliotheken den Entzug des Doktorgrades vermerken. Wenigstens hat der Herbert Utz Verlag den Band aus dem Programm genommen.
Bedauerlich ist der Casus natürlich für alle anderen Persnen, die ebenfalls Christian Mönter heißen. Davon gibt es so einige. Man muß ihnen wohl raten, keinen Doktortitel erwerben zu wollen.

3 Kommentare:

  1. Könnten Sie denn nicht wenigstens den Nachnamen unkenntlich machen? Die Zeiten des Prangers sind doch wohl schon längst vorbei!

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    1. Mit Pranger hat das nichts zu tun. Für Dissertationen besteht Veröffentlichungspflicht. Insofern ist es der Verfasser – und nicht die Kritiker – der sich für ein öffentliches Forum entschieden hat. Im Übrigen steht die Arbeit weiter in Bibliotheken herum, selbstverständlich mit dem Namen des Verfassers in allen Recherchesystemen. Ich gehe mal davon aus, dass er die Pflichtexemplare nicht wieder einsammelt. Hier ist es sogar dringend nötig, dass die Information des Betrugs möglichst leicht zugänglich bleibt, sonst wirkt er über Referenzen fort. Und man darf auch nicht vergessen, dass Presse- und Wissenschaftsfreiheit denselben Rang als Grundrechte haben wie die Persönlichkeitsrechte, auf die das Prangerargument anspielt.

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    2. Nun, Grundrechte haben unterschiedliche Gewichtungen. Daher verfügen Persönlichkeitsrechte meiner Einschätzung nach eine höhere Gewichtung als das Presse- und Wissenschaftsrecht. Selbst die Göttinger Tageszeitung als auch die Staatsanwaltschaft haben den Klarnamen nicht genannt! Zwar handelt es sich um öffentliche Verfahren, aber auch hier wird sensibel vorgegangen. Dies ist bei Ihnen nicht erkennbar. Bei Personen des öffentlichen (!) Lebens wäre das schon berechtigt. Aber in diesem Fall trifft es wohl (letztendlich) ein armes Würstchen!

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